Radikale Tierschschützer wie die der Organisation Peta verdammen Leder und Pelze. Doch Alternativen aus Kunstfasern haben gravierende Nachteile: Sie sind biologisch nicht abbaubar. Wie entscheidet sich der Verbraucher?
Ob Seide, Kaschmir, Leder, Wolle oder Pelz – tierische Modeprodukte werden zunehmend kritisch betrachtet. Designer verzichten auf Pelz, Leute werden wegen ihrer Lederjacke auf der Straße angemacht, und gleichzeitig stellt sich die Frage, ob Verbraucher eigentlich Alternativen haben, die ethisch und umweltfreundlich sind. Ist es also überhaupt gut und sinnvoll, auf tierische Modeprodukte zu verzichten?
Tiere, wie zum Beispiel der Fuchs, werden aus Gründen der Biodiversität gejagt. Der Fuchs hat durch die Abwesenheit des Luchses und des Wolfes seine natürlichen Feinde verloren und fällt lediglich dem Straßenverkehr zum Opfer. Deshalb sorgen Jäger mit jährlichen Abschussquoten für die Beibehaltung des Gleichgewichts in der Tierwelt. Die erlegten Tiere werden entsorgt, ohne ihre Fell zu nutzten. Stattdessen werden Füchse gezüchtet, um den roten Pelz für die Mode zu gewinnen.
Ganz repräsentativ für den gesamten Markt ist das nicht. In mehreren Fällen haben Länder versagt, taugliche Vorschriften zum Tierschutz zu erlassen. Was Staaten nicht beachtet haben, ist, ob die bestehenden Verbraucher- und Einzelhandelsvorschriften auch wirklich angewendet wurden. Durch laxe Handhabung von Kennzeichnungspflichten wurden Konsumenten bei der Beschreibung ihrer Kleidung falsch informiert oder sogar komplett belogen.
Einige Hersteller haben in dieser Hinsicht vorsätzlich gehandelt, um Verbraucher zu täuschen. Branchenverbände selbst haben jedoch eine verbindliche und genaue Kennzeichnung von Pelzerzeugnissen und eine angemessene Durchsetzung in parlamentarischen Anhörungen gefordert.
Die Tierschutzgruppe Peta (Abkürzung des englischen Namens für „Menschen für den ethischen Umgang mit Tieren“) ist bekannt für ihre Ablehnung tierischer Produkter. In regelmäßigen Abständen spricht Peta Passanten in großen Städten mit ihrer Entscheidung an, Pelz, Leder oder auch Wolle zu tragen. Auf Twitter macht die Organisation klar: Grundsätzlich sollten gar keine Tiere für Menschen geopfert werden. Sie machen ebenfalls Druck auf Modemarken, damit diese auf tierische Produkte verzichten.
In einem Kommentar im Dezember vergangenen Jahres attackierten aber vier Umweltexperten Unternehmen, die aus Gründen des Marketings Pelz aus dem Sortiment nahmen: „Anscheinend ziehen es viele Millennials vor, Produkte zu kaufen, die ‚ethisch einwandfrei‘ hergestellt sind. Aber die Ironie ist, dass die wirtschaftliche Nutzung von Wildtieren viel ökologischer ist als die industrielle Tierproduktion.“
Andere tierische Produkte sind ebenfalls betroffen. In Indonesien leben 150.000 Menschen vom Handel mit Netzpythons, der wissenschaftlich als nachhaltig erklärt wurde. Beendet man den internationalen Handel mit diesen Häuten, gibt es wenig Interesse, die Tiere nachhaltig zu schützen, und sie wären vom Aussterben bedroht.
Produkte wie Kaschmir werden hergestellt, seit Marco Polo im 13. Jahrhundert die ersten Kaschmirpullover im Himalaja entdeckte. Der Schutz der Tiere ist dabei überlebenswichtig für die Produzenten.
Darüber hinaus stellt sich die Frage der Konsequenzen für die Umwelt. Denn sind Alternativen zu Leder, Pelz und dergleichen wirklich umweltfreundlicher? „Vegane Kleidung“ verwendet oft Kunststoffalternativen wie Polyvinylchloridund Polyurethan. Beide sind nicht biologisch abbaubar.
Natürliches Fell ist kompostierbar und belastet die Umwelt auf diese Weise nicht. Leder ist auch biologisch abbaubar, während Seide und Wolle sowohl biologisch abbaubar als auch leicht zu recyceln sind. Wolle ist eine der am häufigsten recycelten Fasern.
Mit einem Anteil von 1,3 Prozent aller Textilfasern hat Wolle einen Marktanteil von fünf Prozent innerhalb des Recyclings solcher Fasern. Wolle ist ein kurzfristiger Speicher für natürlichen, erneuerbaren Kohlenstoff. Reiner organischer Kohlenstoff macht 50 Prozent des Gewichts von Wolle aus, höher als bei der pflanzlichen Baumwolle (40 Prozent).
Wer in der Ökobilanz tierische Produkte den Plastikalternativen gegenüberstellt, findet unterschiedliche Resultate. So hat falscher Pelz potenzielle Auswirkungen auf unser Ökosystems, die dreimal höher sind als die von echtem, einen um 169 Prozent höheren Ressourcenverbrauch und treibt den Klimawandel im Vergleich zu natürlichem Fell mehr als doppelt so viel an. Beim Effekt auf die menschliche Gesundheit variieren die Zahlen je nach Produktionsweise. In der Regel schneidet falscher Pelz um drei Prozent besser ab.
Gleichzeitig wird vonseiten der Industrie nachgebessert. Initiativen wie Furmark, ein branchengeführtes Kennzeichnungssystem, das unabhängige und anerkannte Experten von Baltic Control und NSF (National Sanitation Foundation) für Tierschutzkontrollen oder ChainPoint als Rückverfolgbarkeitssystem einsetzt.
Das sind Wege, wie man das Vertrauen der Käufer zurückgewinnen will. Denn am Ende des Tages liegt die Entscheidung beim Verbraucher, worin für die kommende Kollektion investiert wird.
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