Auch im Interesse der Verbraucher sollte die EU ihre Haltung zur Gentechnik überprüfen.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat Europa beschlossen, in der Agrarpolitik seinen eigenen Weg zu gehen. Während sowohl Nord- und Südamerika als auch Japan zu einer noch stärker technologiegetriebenen modernen Landwirtschaft übergegangen sind, ist Europa rückwärts gegangen und verbietet immer mehr wissenschaftlich erwiesene Fortschritte in der Landwirtschaft. Bei den jüngsten Handelsgesprächen haben amerikanische Spitzendiplomaten den ordnungspolitischen Rahmen in der EU wiederholt als anachronistisch verspottet.
„Wir müssen Beschränkungen für innovative Ansätze und Technologien beseitigen (…) und den Willen haben, unseren Bürgern die Wahrheit über Technologie, Produktivität und Sicherheit zu sagen.“Das sind die Worte des amerikanischen Landwirtschaftsministers Sonny Perdue. Er argumentiert, dass die Beschränkungen der Europäischen Union für moderne Agrartechnologie nicht nachhaltig sind und künftige Handelsabkommen stark einschränken. Ob er nun recht hat oder nicht, hängt nicht davon ab, wie sehr man die Vereinigten Staaten liebt oder hasst, sondern davon, wie sehr man günstige Lebensmitteln wertschätzt.
Betrachten wir die Situation: Sowohl die konventionelle als auch die ökologische Landwirtschaft kämpfen mit Schädlingen. Diese muss man loswerden, um Ernährungssicherheit und Preisstabilität für die Verbraucher nicht zu gefährden. Beide benötigen Chemikalien als Teil ihrer Pflanzenschutzmittel, auch wenn Käufer von Bio-Produkten das sicher anders einschätzen würden. Wie Afrika zeigt, können Heuschreckenplagen verheerende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit haben und die Klimawissenschaft ermöglicht es uns, zu erkennen, dass bestimmte Schädlinge von weit entfernten Orten früher als später auf unsere Felder kommen werden, was Insektizide erforderlich macht. Um Pilze und tödliche Mykotoxine zu vermeiden, setzen wir Fungizide ein.
Politisch gesehen sind diese chemischen Pflanzenschutzmittel nicht populär, da immer mehr Umweltschützer Politiker dazu drängen, sie zu verbieten. Dies hat das politische Spektrum von links gegen rechts verlassen und ist auf beiden Seiten gleich verteilt. Leider spielt in der Debatte nur eine untergeordnete Rolle, ob diese Chemikalien von nationalen und internationalen Behörden für Lebensmittelsicherheit als sicher eingestuft wurden oder nicht.
Entscheidend scheint zu sein, dass moderne Pflanzenschutzmittel als nicht nachhaltig bezeichnet werden. Nachhaltigkeit ist jedoch unzureichend definiert und dient daher als Vorwand, um bestehende Missverständnisse über die Landwirtschaft zu bestärken. Wenn überhaupt, dann sollte Nachhaltigkeit auf einer modernen und innovativen Landwirtschaft beruhen, die den Bedürfnissen der Umwelt, der Lebensmittelsicherheit und wettbewerbsfähigen Preisen für Verbraucher gerecht wird.
Mit Hilfe der Gentechnik haben Wissenschaftler einen Weg gefunden, den Einsatz traditioneller Pflanzenschutzmittel zu reduzieren und gleichzeitig Ernteerträge zu steigern. Wieder einmal versperrt politisches Misstrauen gegenüber agrotechnischen Innovationen den Weg in die Zukunft. In diesem Fall durch die GVO-Richtlinie von 2001, die praktisch die gesamte Gentechnik für die Zwecke der Nutzpflanzen verbietet.
Der Klimawandel verändert die Lebensmittelproduktion, ob wir es wollen oder nicht. Spezifische genetische Veränderungen ermöglichen es uns, präzise Veränderungen im Lebensmittelbereich zu entwickeln. Die Vereinigten Staaten sind zusammen mit Israel, Japan, Argentinien und Brasilien führend in der Welt mit freizügigen Regeln für Genmanipulationen. Diese neuartige Technologie kann Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelpreise für alle Verbraucher verbessern.
Die Regeln der EU sind im Vergleich dazu 20 Jahre alt und nicht in der Wissenschaft verwurzelt, wie eine wachsende Zahl von Forschern jetzt erklärt. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften und die Deutsche Forschungsgemeinschaft schreiben beispielsweise folgendes zur Anwendung des Vorsorgeprinzips in der EU: „Allerdings gehen (wir) davon aus, dass die verfahrenstechnischen Fortschritte der molekularen Züchtung nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand keinen Vorsorgeanlass darstellen können, insbesondere da sich der ursprüngliche Risikoverdacht des EU-Gesetzgebers von 1990 selbst bei der klassischen Gentechnik nicht bewahrheitet hat und weiterhin nur hypothetische Risiken diskutiert werden.“
Eine Änderung unserer Regeln für neue Züchtungstechnologien sollte im Interesse der europäischen Verbraucher erfolgen. Europa sollte bei der landwirtschaftlichen Innovation eine Vorreiterrolle übernehmen und nicht Lehren von denVereinigten Staaten erteilt bekommen. Wir sollten Innovation zulassen und dann weltweit führend in ihr sein.
Frederik Roeder ist Geschäftsführer des Consumer Choice Centers, einer privat finanzierten weltweiten Verbraucherorgani- sation mit Sitz in Washington D.C., die für Wahlfreiheit, Innovation, Datenschutz und Wissenschaft einsteht.
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