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NÜRNBERG – Überraschende Noten für den Nürnberger Hauptbahnhof: In einem europaweiten Ranking liegt er im oberen Drittel. Die Tester vergeben in Sachen Sauberkeit die Bestnote – aber sie sehen auch viel Luft nach oben bei anderen Kategorien.

Nürnberg liegt nach dem Pariser Gare de Lyon (Rang 13) und vor dem Kölner Hauptbahnhof (Rang 15) auf Platz 14 der “Hitliste” der großen Bahnhöfe in Europa. Ein ordentlicher Platz für den Hauptbahnhof der Franken-Metropole. Ganz vorn liegt London/St.Pancras auf Rang 1, gefolgt von den Stationen in Zürich, Leipzig, Rom Termini und München. Unter den ersten zehn sind mit Hamburg (6), Berlin Hauptbahnhof (7) und Frankfurt/Main (10) weitere drei deutsche Städte.

Bestnoten für den Hauptbahnhof

Was manche Nürnberger erstaunen dürfte: In Sachen Sauberkeit erhält ihr Hauptbahnhof die Bestnote. 100 Prozent bei der Rubrik “Cleanliness” – macht 5 Punkte. Ob da die Passage am Königstor mit ins Blickfeld der Tester fiel? Eher nicht, sie beschränkten sich jeweils auf das unmittelbare Bahnhofs-Areal. Zum Vergleich: Der Münchner Hauptbahnhof bekommt bei der Sauberkeit nur eine Quote von 95 Prozent. Am schlechtesten schneidet hier Dortmund mit 40 Prozent ab.

Bestnoten erhält Nürnberg für die gute Beschilderung. Auch die Räumlichkeiten für Wartende schneiden gut ab.

Nachholbedarf in Sachen Service

Nachholbedarf sehen die Tester in Sachen Service. Und zwar sowohl beim Shop-Angebot als auch bei der Gastronomie. 16 Einkaufs-Möglichkeiten im Hauptbahnhof: schlecht, lautet das Urteil, da gibt es 0 statt maximal 15 Punkten. Und mit der Zahl von 24 Restaurants oder Gastro-Betrieben schneidet Nürnberg ebenfalls mau ab – auch da stehen 0 statt maximal 15 Punkten in der End-Abrechnung.

Wie voll sind die Bahnsteige, sprich: wie viele Passagiere bevölkern im Schnitt einen Bahnhof? Auch das floss in die Studie ein. Da erhält Nürnberg die Bestnote von 15 Punkten. Mit 65,7 Millionen Passagieren pro Jahr zählt der Hauptbahnhof etwa halb so viele Fahrgäste wie Berlin oder München.

Kaum Streiks in Nürnberg

Ein Kriterium, das unter die Lupe genommen wurde: Wie streik-anfällig ist der jeweilige Bahnhof? Auch da gibt es den Top-Wert von 15 Punkten für Nürnberg, das mit nur 16 Streik-Tagen weitaus besser abschneidet als die französischen Bahnhöfe mit 118 Ausfall-Tagen oder Italien (88 Streik-Tage).

Von wem kommt dieser “erste europäische Bahnhof-Index”, dessen Ergebnisse aus dem Jahr 2019 stammen? Vom “Consumer Choice Center” (CCC), einer in den USA beheimateten Non-Profit-Organisation. Sie finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, aber auch durch Firmen. Das CCC ging aus der global agierenden Studierendenorganisation “Students for Liberty” hervor, einer neoliberalen Institution, die für möglichst wenig staatliche Regulierung kämpft.

Organisation ist nicht unumstritten

In die Kritik geriet CC, als die Organisation den damaligen Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) für seine Zustimmung zur neuen EU-Erlaubnis des Pestizids Glyphosat lobte: „Wir vom Consumer Choice Center wollen Ihnen für Ihre Entscheidung im Votum zum Herbizid Glyphosat danken“, schrieb der für Deregulierung kämpfende Verband an den Fürther Politiker. Wegen dieser politischen Ausrichtung der Organisation spielte es im Bahnhofs-Ranking auch eine Frage, ob die Stationen denn durch andere Fahr-Dienste wie etwa Uber angefahren werden oder nur durch herkömmliche Taxis. Und da bekommt Nürnberg 0 Punkte, weil es die anderen, durchaus umstrittenen Anbieter hier nicht gibt.

Fred Roeder, Geschäftsführer des Consumer Choice Center, kommentiert den Test in einer Mail so: “Wie alle Reisenden wissen, kann es an vielen Bahnhöfen zu Hauptreisezeiten echt eng und unangenehm werden. Wir wollen zeigen, welche europäischen Bahnhöfe Passagieren den höchsten Komfort anbieten. Dazu haben wir Punkte für viele Direktverbindungen, Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants im Bahnhof vergeben. Ferner haben Bahnhöfe mit überdurchschnittlich niedrigen Streiktagen und guter Anbindung an Rideshareangeboten mehr Punkte erhalten. Mehr und mehr Passagiere entscheiden sich aus ökologischen Gründen für die Bahn. Daher wollten wir aufzeigen, dass es große Unterschiede in Europa in puncto Komfort an Bahnhöfen gibt.”

Nord-Süd-Gefälle bei Bahnhöfen

Roeder weiter: “London St. Pancras führt den Index als Europas bester Bahnhof an. Deutschland ist gleich fünfmal in den Top10 vertreten. Kein einziger französischer Bahnhof hat es trotz eines dichten Hochgeschwindigkeitsnetzes in die besten Zehn geschafft.” Er hoffe, “dass dieses Ranking auch Bahnhöfen hilft zu verstehen, wo noch nachgebessert werden muss. Es gibt definitiv ein Nord-Süd Gefälle bei Europas Bahnhöfen.”


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