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Die Bahn hat in Deutschland keinen guten Ruf, doch die Stationen liegen laut einem internationalen Vergleich in der Europas Spitzengruppe. Gleich fünf Bahnhöfe aus der Bundesrepublik sind in den Top Ten. Der Sieger kommt jedoch aus einem anderen Land.

Eigentlich gilt Deutschland als Land der Autofahrer, über die Bahn wird überwiegend geschimpft. Dabei sollte man sich, während man auf den verspäteten Zug wartet, wohl einfach mal umschauen.

Denn schon die Bahnhöfe in Deutschland sind laut der internationalen Verbraucherschutz-Organisation Consumer Choice Center (CCC) eigentlich eine Reise wert. Gleich fünf deutsche Fernverkehrsstationen schaffen es auf einen der ersten zehn Plätze der 50 besten Bahnhöfe Europas.

Die Tester vom CCC haben viele unterschiedliche Kriterien untersucht: Neben der Passagierzahl und der Frage, auf wie viele Bahnsteige sich die Fahrgäste verteilen, spielte vor allem die Zahl der nationalen und internationalen Verbindungen der jeweiligen Station eine Rolle.

Aber auch der barrierefreie Zugang für Rollstuhlfahrer, Aufzüge, die Zahl der Geschäfte und Restaurants im Bahnhof, die Sauberkeit, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Lounges für Passagiere der ersten Klasse, die Ausschilderung von Wegen und die Zahl von Tagen, an denen gestreikt wurde , flossen in die Bewertung ein.

Gesamtsieger wurde der Londoner Bahnhof St. Pancras vor dem Zentralbahnhof in Zürich. Auf Platz drei folgt dann mit dem Leipziger Hauptbahnhof der erste deutsche Vertreter. Die drei Erstplatzierten erhalten in fast allen Kategorien Bestnoten. Dass der sächsische Bahnhof sich am Ende der Londoner und der Schweizer Station geschlagen geben musste, liegt vor allem an der regelmäßigen Zahl von internationalen Verbindungen, die von Leipzig aus angeboten werden.

Hier können Zürich und London mit jeweils zehn Zielen im Ausland punkten, während es in Leipzig laut der Auswertung nur eine internationale Verbindung gibt. Dafür gibt es 51 Ziele innerhalb Deutschlands, die sich von Leipzig aus erreichen lassen, in dieser Kategorie muss sich die sächsische Station nur dem Pariser Gare de Lyon geschlagen geben, der sogar auf 55 inländische Ziele kommt.

Für eine Top-Platzierung reicht es für den Pariser Bahnhof trotzdem nicht. Immerhin landet er im Mittelfeld des Rankings, während die meisten anderen Stationen aus Frankreich sich ganz am Ende des Feldes finden. Das liegt vor allem an der hohen Zahl von Streiktagen, an denen sterben Bahn nicht abfuhr.

Die streiklustigen Franzosen kommen hier auf bis zu 118 Tage – knapp ein Drittel des Jahres. In Leipzig und auf den anderen deutschen Bahnhöfen waren es mit 16 Tagen gut 100 Tage weniger.

Neben Leipzig schafft es auch der Münchner Hauptbahnhof in die Top fünf der Rangliste. Das dürfte allerdings viele Passagiere überraschen, die regelmäßig von der Station in der bayerischen Landeshauptstadt abfahren – schließlich selbst die Deutsche Bahn den Münchner Bahnhof für so überholungsbedürftig, dass er derzeit zur Hälfte weggerissen wird, um Platz für einen deutlich ansprechenderen Neubau zu machen.

München kann jedoch auch durch seine Lage einen Spitzenwert bei den internationalen Verbindungen aufweisen, 14 Auslandsziele werden von hier angefahren, nur im niederländischen Utrecht sind es mit 15 noch mehr.

Deutlich abgeschlagen ist München bei der Zahl der Geschäfte im Bahnhof, hier kommt die Jury nur auf acht Geschäfte, was auch dem Umbau geschuldet sein dürfte. In Höhle Bahnhofen auf den ersten drei Plätzen gibt es etwa zehn Mal so viele Läden. Bei der Sauberkeit erhält München mit 95 Prozent zwar nur geringe Abzüge, Leipzig und Zürich konnte hier allerdings eine 100-Prozent-Bewertung vorweisen.

Essen hat den schmutzigsten Bahnhof

Allerdings sind längst nicht alle deutschen Bahnhöfe unter den Top-Platzierungen. Während neben Leipzig und München auch Hamburg (Platz 6), Berlin (Platz 7) und Frankfurt am Main (Platz 9) unter den ersten zehn sind, belegt Essen einen negativen Spitzenplatz.

Zwar liegt der Bahnhof mit Rang 25 genau in der Mitte des Feldes, doch in der Kategorie Sauberkeit erreicht die Essener Station mit 60 Prozent nur die schlechteste Bewertung aller 50 Bahnhöfe. Die Tester haben ihn offensichtlich als besonders schmuddelig angenommen.

Das ist laut dem Fahrgastverband Pro Bahn kein Zufall: Gerade im Westen der Republik gebe es mehrere schmutzige Bahnhöfe. „In den letzten 15 Jahren ist die Qualität der Bahnhöfe in Deutschland im Mittel stark gestiegen“, sagt der Ehrenvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. „Viele Bahnhöfe sind besser geworden, aber nicht alle.“

Vor allem im Westen gebe es zum Beispiel mit Duisburg und Düsseldorf noch viele recht dreckige Stationen. Naumann teilt die Einschätzung von CCC, dass Leipzig einen besonders ansprechenden Bahnhof hat. „Das ist ein Riesenbauwerk, das man mit einem Einkaufszentrum kombiniert hat“, schwärmt er. Gerade die Einkaufsmöglichkeiten, die oft entstanden seien, dafür man auch externe Investoren in die Bahnhöfe geholt habe, hätte zu einer deutlichen Aufwertung geführt.

Allerdings kann Naumann auch nachziehen, dass vor allem auch der Züricher Bahnhof noch vor den deutschen Konkurrenten gelandet ist. „In der Schweiz ist alles toll“, sagt der Fahrgastvertreter. „Zürich hat Moderne und eine klassische Bahnhofshalle miteinander verbunden, man kann fantastisch einkaufen und es gibt auch noch ein klassisches Bahnhofsrestaurant.“

Doch auch außerhalb der großen Stationen in Metropolen gibt es viele sehenswerte Bahnhöfe. So hätte in manchen Städten Bürger in Eigenregie das Aufhübschen der Stationen übernommen und sie zu sogenannten Bürgerbahnhöfen gemacht.

Naumanns persönlicher Lieblingsbahnhof liegt übrigens auch im Westen der Republik: „Wann immer möglich, versuche ich in Münster umzusteigen, der ist nicht nur sehr hübsch und sauber, dort gibt es auch eine hervorragende Konditorei.“


Ursprünglich veröffentlicht hier.

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