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Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer Verfassungsstaat, in dem die Grundfreiheiten der Bürger durch Recht und Strafverfolgung geschützt sind.

Die wichtigsten Aspekte der Meinungsfreiheit sind im Bonner Grundgesetz genannt; sie sind die Grundrechte. Dazu gehören Kunst-, Eigentums-, Versammlungs-, Berufs-, Meinungs- und andere Grundrechte, die wir heute als selbstverständlich ansehen. Wie die Geschichte uns lehrt, sind sie es jedoch nicht.

Das deutsche Grundrechtsverständnis ist durch eine Regelung gekennzeichnet, die für jeden Jurastudenten spätestens nach dem zweiten Semester selbstverständlich ist: Diese Grundrechte können je nach den gegebenen Umständen eingeschränkt werden, oder anders ausgedrückt: ein Eingriff in die Grundrechte Grundrechte ist zulässig, wenn eine Rechtfertigung vorliegt. Wie das Bundesverfassungsgericht fragt daher jeder Student in einem Fall zunächst: Ist der Beschwerdeführer vom persönlichen Schutzbereich des Grundrechts (gilt dieses Grundrecht für alle oder nur für deutsche Staatsbürger?) erfasst? Ist das Verhalten des Beschwerdeführers vom tatsächlichen Schutzbereich des Grundrechts gedeckt? Ist dies der Fall, wird nach dem Vorliegen eines Eingriffs gefragt, um im dritten Schritt zu fragen, ob dieser gerechtfertigt ist (unterschiedlich bei Grundrechten auf Gleichheit und Grundrechten auf Leistungen).

Die Meinungsfreiheit schützt die Meinungsäußerung: Äußerungen, die einen wertenden Charakter haben, werden daher erfasst; Tatsachenbehauptungen fallen nicht unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Darüber hinaus kann die Meinungsfreiheit durch allgemeine Gesetze, Jugendschutzgesetze und das Recht der persönlichen Ehre (im Bereich von Verleumdungsklagen) eingeschränkt werden.

Das ist auch der größte Unterschied zum zweiten Modell, nämlich den USA. Die Unterschiede bestehen bereits im Namen des Grundrechts. Anders als in Deutschland spricht man in den USA von „Freedom of Speech“. Der First Amendment ist in seiner Klarheit beispiellos. Es besagt ganz einfach, dass der Gesetzgeber kein Gesetz erlassen darf, das die Meinungsfreiheit einschränkt. Es ist also das Gegenteil des deutschen Verständnisses: In den USA kann es keine Rechtfertigungsebene geben, weil Eingriffe in die Meinungsfreiheit durch den Staat einfach von der Verfassung verboten sind.

Ein kurzes Beispiel, um das Ausmaß der Unterschiede zu verdeutlichen: „Bei einem Streit um die Grenzen des Grundgesetzes verliert Max die Nerven und nennt seine Kollegin Erika einen Idioten.“

Diese unhöfliche und beleidigende, aber im Grunde harmlose Äußerung hat nach amerikanischem Recht keinerlei Konsequenzen. Bei Anwendung deutschen Rechts macht sich Max jedoch nach §185 StGB wegen Beleidigung strafbar. Erstattet Erika Anzeige, droht Max eine Geldstrafe – und wenn Max ein Wiederholungstäter ist, der in der Vergangenheit mehrfach mit dem Paragrafen bestraft wurde, droht ihm sogar eine Haftstrafe.

Wir reden hier über ein ganz klares Beispiel wo man sehr gut für §185 StGB argumentieren kann. Aber es ist viel absurder. So mussten sich die Gerichte in den 1990er Jahren beispielsweise mit der Frage auseinandersetzen, ob ein provokantes „Duzen“ als Beleidigung zu werten ist. Der Fall ging bis vor das Oberlandesgericht Düsseldorf. Wer den Fall so absurd findet wie ich, kann aufatmen, denn das Oberlandesgericht hat entschieden, dass dies nicht strafbar ist. 

Der Beleidigungsparagraph schützt das unterschiedlich definierte Rechtsgut der Ehre, was nicht verwundert, da jeder von uns etwas anderes unter Ehre versteht. So definiert die (wohl) vorherrschende Meinung Ehre einerseits als den „persönlichen („inneren“) Geltungswert, der einem Menschen als Träger geistiger und moralischer Werte zukommt, und andererseits als den gesellschaftlichen („äußeren“) Wert der Geltung einer Person, dh ihres tatsächlichen guten Rufes in der menschlichen Gesellschaft, andererseits (Definition: Urs Kindhäuser, Strafrecht BT I §22 Rn.2, 8. Auflage 2017; siehe auch BGH, 18.11.1957 – GSSt 2/ 57, Rn. 17).

Dabei wird nach herrschender Meinung nicht nur die Ehre des Einzelnen geschützt, sondern auch die von Personenvereinigungen, wie Unternehmen, Vereinen, politischen Parteien etc. Hier wird behauptet, Ehre sei eine Existenzbedingung im Recht, insbesondere im sozialen, zwischenmenschlichen Bereich.

Auch die Beleidigung eines Unternehmens oder einer anderen Personenvereinigung kann bei Vorliegen einer bestimmten Situation bestraft werden. Denn nach herrschender Meinung der Rechtsprechung können einige dieser Vereine nur dann innerhalb einer Gesellschaft funktionieren, wenn ihre Arbeit nicht diskreditiert wird, weshalb sie als Einzelpersonen gleichermaßen schützenswert sind. Es gibt einige Probleme mit diesem Argument, selbst wenn es nur auf Einzelpersonen angewendet wird.

Einerseits kann die Arbeit, Tätigkeit oder auch die ganze Person diskreditiert werden, ohne dass eine Straftat begangen wird. So kann man eine andere Person sogar innerhalb der Grenzen des Gesetzes diskreditieren. 

Andererseits gibt es Staaten, in denen der Ehrenschutz einen deutlich geringeren Stellenwert hat als in der deutschen Rechtsordnung. Ein gutes Beispiel dafür sind die USA, wo beispielsweise die Beleidigung nicht strafbar ist. Und doch existieren die Vereinigten Staaten von Amerika.

Dieser Teil der Argumentation der deutschen Anwälte ist schwer zu rechtfertigen und das selbst bei sorgfältiger Interpretation der Aussagen… Allenfalls könnte man argumentieren, dass der strafrechtliche Ehrenschutz diese Aktivitäten und Rechtsgüter positiv beeinflusst bzw. fördert. Dies ist jedoch schwer nachzuweisen.

Schließlich werden die negativen Auswirkungen einer solchen Rechtsordnung oft übersehen. Infolgedessen ist es unglaublich schwierig, eine Tatsachenbehauptung von einer bewertenden Behauptung zu unterscheiden. Noch schwieriger ist es zu beweisen, ob eine Äußerung beleidigend ist: Sprache und Gesellschaft sind dynamisch. Auch wenn die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des Strafrechts vorsichtig sind (und das kann man glücklicherweise in Deutschland sagen), treten auch in einem demokratischen Rechtsstaat wie Deutschland sogenannte „Freezing-Effekte“ auf, in denen vermeintlich straflose Äußerungen nicht gemacht werden aus Angst vor einem Rechtsstreit oder der Strafverfolgung an sich. Da ist man lieber vorsichtig und sagt gar nichts, weil man rechtliche Probleme vermeiden will.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel der USA. Beleidigungen, Hassreden, das Verbrennen von Fahnen sind in den USA erlaubt und der Staat existiert nicht nur, sondern ist wahrscheinlich der reichste der Welt. Das Strafrecht ist die „letzte Instanz“ des Rechtssystems und sollte so selten wie möglich angewendet werden. Das amerikanische System wird diesem Prinzip in diesem Einzelfall eher gerecht; in anderen hat das deutsche System klare Vorteile. Wir können und sollen voneinander lernen.

Will man einen grundsätzlichen Schutz der Ehre oder der Person vor Verleumdung und Verleumdung erreichen, wäre das Zivilrecht die weitaus bessere Alternative. Es ist viel wichtiger, das Opfer für seinen Schaden zu entschädigen, als den Täter ins Gefängnis zu stecken. Denn niemand sollte wegen Aussagen hinter Gittern sitzen. Wer das denkt, sollte den ersten Stein werfen.

Ursprünglich veröffentlicht hier.

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