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Der Verbraucher sollte nicht vor sich selbst geschützt werden. Stattdessen soll er die Möglichkeit haben, bei Angeboten frei zu wählen.

Wann haben Sie das letzte Mal ein UKW-Radio benutzt? Wenn Sie zwischen 15 und 50 Jahre alt sind, ist es wahrscheinlich schon eine Weile her. Wie ich sehe, bist du einer dieser Streamer auf Netflix, Amazon Prime, Hulu, und wenn du dich für Sport interessierst, vielleicht DAZN oder Skyticket.

Die Welt hat sich verändert. Die gelegentlich aufregende Radiosendung, die alle fünf Minuten von einer Mischung aus langweiliger Aufzugsmusik und sich wiederholender Supermarktwerbung unterbrochen wird, wurde durch stundenlange Gespräche in Podcasts ersetzt, die immer auf eine bestimmte Nische ausgerichtet sind. Du schreibst keine Briefe mehr an Freunde; nein, auch E-Mails wirken heutzutage sehr förmlich. Du schreibst ihnen auf einem der Boten.

Natürlich konnten sich einige Unternehmen mit gutem Service gegen die Konkurrenz durchsetzen. Zum Beispiel denken wir beim Streamen von Musik an Spotify (übrigens ein europäisches Unternehmen), bei Videos an YouTube und bei TV-Sendungen an Netflix.

Gerade beim Thema mobiles Internet machen sich Telekommunikationsanbieter diese Information zunutze und passen ihre Angebote an: Zusätzlich zum monatlichen Internetvolumen werden Pakete angeboten. Bestimmte Apps und Dienste können ohne Datenbeschränkung verwendet werden. So kann ein Musikliebhaber beispielsweise ein Paket wählen, in dem er Spotify, Apple Music oder andere vertraglich definierte Dienste unbegrenzt hören kann. Gleichzeitig kann sich ein Serienjunkie für ein anderes Paket entscheiden.

Dies ist für den Verbraucher attraktiv; schließlich wächst das Internet nicht auf Bäumen, schon gar nicht in digitalen Entwicklungsländern wie Deutschland.

Aber zum größten Teil ist das wahrscheinlich jetzt vorbei. Am 15.09.2020 wird die Europäischer Gerichtshof entschieden, dass Tarife, in denen bestimmte Apps von der Geschwindigkeitsdrosselung ausgenommen sind, gegen EU-Recht verstoßen. Konkret betrifft der Fall die ungarische Niederlassung des Telekommunikationsunternehmens Telenor und die ungarische Medien- und Telekommunikationsbehörde, die zwei Mitteilungen herausgab, in denen sie feststellte, dass ihre Angebote gegen Art. 3(3) der Verordnung 2015/2120 verstießen.

Das zuständige Gericht legte dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1-3 der Verordnung vor. Die Standards betreffen Internetdienste und deren Nutzung sowie die sogenannte „Offenheit des Internets“, manchmal auch „Netzneutralität“ genannt. Die Rechtsnormen sollen die Rechte der Endnutzer sichern. Die Regelung Zustände

„Darüber hinaus umfasst dieser Begriff sowohl natürliche als auch juristische Personen, die Internetzugangsdienste nutzen oder anfordern, um auf Inhalte, Anwendungen und Dienste zuzugreifen, und diejenigen, die Inhalte, Anwendungen und Dienste unter Verwendung des Internetzugangs bereitstellen.“

Laut EuGH sind Vereinbarungen wie die des Unternehmens geeignet, die Rechte der Endnutzer einzuschränken. Einerseits wird argumentiert, dass dadurch die Nutzung bevorzugt behandelter Apps gesteigert werden könnte. Andererseits werden die anderen Dienste, die weiterhin gedrosselt werden können, benachteiligt und die Nutzung könnte zurückgehen. Es wird argumentiert, dass solche Vereinbarungen kumulativ zu einer erheblichen Einschränkung der Rechte der Endnutzer führen könnten.

Zudem beruhe die Ungleichbehandlung nicht auf objektiv unterschiedlichen Anforderungen an bestimmte Leistungen, sondern auf rein kaufmännischen Erwägungen.

Somit verstoßen die Vereinbarungen von Telenorl gegen europäisches Recht. Die Argumentation des EuGH sollte hier gar nicht in Frage gestellt werden. Betrachtet man die Normen, so ist die Linie des EuGH damit durchaus kompatibel bzw. sehr vertretbar. Kritisierenswert sind die Normen selbst sowie die dahinter stehenden philosophischen und ökonomischen Überlegungen. Zunächst einmal ist es keine böswillige Idee, allen Marktteilnehmern die gleichen Konditionen zu bieten. Die Verfechter der „Netzneutralität“ meinen es auch gut, wenn sie Diskriminierung und kartellähnliches Vorgehen im Markt verhindern wollen.

Dass dies ein Eingriff in die Privatautonomie von Telekommunikationsunternehmen, Diensteanbietern und Verbrauchern ist, interessiert leider nur wenige. Das Ziel eines „offenen Internets“ für alle scheint wichtiger als Verbraucher und Unternehmen, die versuchen, miteinander Geschäfte zu machen.

Allerdings machen die Angebote und die Ungleichbehandlung Sinn; sie ermöglichen die unbeschwerte Nutzung bestimmter Dienste, die sonst jeden Monat zu Volumenfressern mutieren würden. Darüber muss sich der Verbraucher bei einem solchen Vertrag keine Gedanken machen; er kann seinen bevorzugten Dienst uneingeschränkt nutzen (zumindest wenn er in einer Region mit guter Netzabdeckung wohnt).

Verbietet man solche freiwilligen Lösungen, weiß man erst einmal, wozu das Verbot nicht führen wird: Zu uneingeschränkter Lautstärke für alle. Es ist durchaus möglich, dass die Telekommunikationsunternehmen mit dem Gesamtvolumen konkurrieren. Aber 5 GB oder nicht machen keinen Unterschied, wenn die Arbeit nur für einen bestimmten Dienst benötigt wird, aber ohne Einschränkungen. Der Verbraucher sollte nicht vor sich selbst geschützt werden. Stattdessen soll er die Möglichkeit haben, bei Angeboten frei zu wählen.

Ursprünglich veröffentlicht hier.

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