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Die EU versucht derzeit, mit einem neuen Plan „Krebs zu besiegen“, der bestimmte Verhaltensweisen wie Rauchen oder Trinken verbieten oder einschränken soll. Stattdessen sollten wir nach Innovationen suchen, um unsere Lebensdauer zu verlängern.

Die Unterstützung medizinischer Forschung zur Bekämpfung von Krankheiten wird von den meisten Menschen als etwas Lobenswertes angesehen, jedenfalls nicht als umstritten. Die Reaktion scheint anders zu sein, wenn es darum geht, den Alterungsprozess selbst aufzuhalten und zu verlangsamen. Ein solches Unterfangen mag vielen entweder als unrealistische Utopie oder als unmoralischer Eingriff in den Lauf der Natur erscheinen.

Beide Annahmen sind nicht unbedingt gültig: In den letzten Jahren hat diese Art der Alternsforschung immens an Popularität und wissenschaftlicher Grundlage gewonnen; sogenannte senolytika spielen dabei eine entscheidende rolle. Es ist also kein utopisches Gedankenexperiment einiger Exzentriker mehr.

Das Aufhalten des Alterungsprozesses ist auch nicht unmoralisch, da es die natürliche Entwicklung des menschlichen Körpers verhindert. Die implizite Annahme dabei ist, dass das Festhalten am natürlichen Verwesungsprozess des menschlichen Körpers moralisch überlegen ist. Das ist nicht besonders überzeugend. Denn auch durch den Einsatz von Gelenkprothesen und Organtransplantationen verbessern wir unsere Lebensqualität und Lebenserwartung auf unnatürliche, im ersten Fall sogar mechanische Weise.

Es geht nicht unbedingt darum, ewig zu leben

Auch wenn Sie nicht unbedingt viel länger leben möchten, gibt es einen wichtigen Grund, Ansätze zur Lebensverlängerung zu unterstützen. Bei der Behandlung von Krankheiten wie Krebs und Diabetes wurde angenommen, dass es nur möglich ist, die Symptome zu stoppen oder zu lindern, die nach dem Auftreten der Erkrankung auftreten. Auch präventive Ansätze werden verfolgt, die sich aber nur auf die Prävention bestimmter Krankheiten konzentrieren.

Im Bereich der Alternsforschung wird dieser Ansatz jedoch von zahlreichen Wissenschaftlern grundsätzlich kritisiert. Sie argumentieren, dass sich diese Strategie nicht effektiv auf die tatsächliche Entwicklung der Krankheit konzentriert. Denn sie ist unüberwindbar mit dem menschlichen Alterungsprozess verbunden. Mit anderen Worten: Wenn wir eine Heilung für das Altern finden, werden wir höchstwahrscheinlich auch eine Behandlung für Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme und andere Alterskrankheiten finden.

Mit Senolytika den Alterungsprozess ausschalten

Was auch immer der Grund für den Optimismus in Bezug auf die Möglichkeit der Verlängerung des menschlichen Lebens sein mag, Senolytika scheinen dieses Projekt immer realistischer zu machen. Senolytika sind Moleküle, die den Tod alternder menschlicher Zellen herbeiführen können. Diese Zellen reichern sich mit zunehmendem Alter im Körper an, bei Mensch und Tier. Im Gegensatz zu nicht seneszenten Zellen teilen sich diese Zellen nicht mehr.

Man geht davon aus, dass sich Zellen teilen, bis sie die sogenannte Hayflick-Grenze erreichen – in der Regel etwa 50 Zellteilungen. Danach setzt der programmierte Zelltod ein. Seneszente Zellen stellen einen winzigen Anteil dar, der diesem Schicksal der übrigen Zellen entgeht. Anstatt zu sterben oder zerstört zu werden, sammeln sie sich weiterhin im Körper an. Dieser Alterungsprozess führt zu einer Zunahme von Entzündungen im Körper und gilt als Auslöser des Alterungsprozesses.

Man geht davon aus, dass viele Zeichen des Alterns und von Krankheiten auf die Zunahme alternder Zellen zurückzuführen sind – von Demenz, Osteoporose, Gebrechlichkeit, Diabetes und Herzerkrankungen bis hin zu Leber- und Lungenerkrankungen und dem häufigeren Auftreten von Krebs.

Das Ziel der Senolytika, seneszente Zellen abzutöten, erscheint daher logisch – nämlich Zellen zu entfernen, die für den Alterungsprozess maßgeblich verantwortlich zu sein scheinen. Ein effektiver körpereigener Mechanismus, der zum Zelltod seneszenter Zellen führt, scheint nicht zu existieren. Wenn dies der Fall wäre, würden sich diese Zellen nicht über die Jahre ansammeln und alle Arten von altersbedingten Krankheiten verursachen.

Senolytics könnte in einigen Jahren einsatzbereit sein

Auch wenn dieser Mechanismus logisch erscheint, um den Alterungsprozess und damit verbundene Krankheiten aufzuhalten, mag dieser Ansatz noch recht utopisch erscheinen. Schließlich handelt es sich um einen radikalen Umgang mit Erkrankungen, der sich von der bisherigen Fokussierung auf Symptome unterscheidet. Senolytika sind auch nicht nur präventive Maßnahmen, sondern präpräventiv: Ziel ist es nicht, den Ausbruch bestimmter Krankheiten zu verhindern, sondern die Ursache aller altersbedingten Krankheiten zu verhindern.

Dennoch könnten Senolytika in einigen Jahren einsatzbereit sein, da bereits klinische Studien mit Probanden stattfinden. Die Ergebnisse sind vielversprechend. Bekannte Biotech-Unternehmen in diesem Bereich sind:

Derzeit konzentriert sich Unity Biotech auf den Einsatz von Senolytika zur Beseitigung bestimmter altersbedingter Gelenkerkrankungen wie Osteoarthritis, mit einem zusätzlichen Fokus auf Augen- und Lungenerkrankungen. Im vergangenen Jahr wurden positive Ergebnisse einer der ersten Studien mit freiwilligen Probanden bekannt gegeben, deren Osteoarthritis-Symptome durch die Zugabe des senolytischen Moleküls UBX 0101 signifikant reduziert wurden.

Unity Biotech hat derzeit die größten Fortschritte im Bereich der Studien am Menschen. Daneben gibt es zum Beispiel Oisin Biotechnologies, das einen Mechanismus zum präzisen Targeting von seneszenten Zellen entwickelt. Das Ziel hierbei ist eine gezielte Entfernung alternder Zellen, ohne andere Zellen zu schädigen. Klinische Studien mit menschlichen Teilnehmern sind derzeit in Vorbereitung.

Aufgrund des rasanten Forschungserfolgs und der Geschwindigkeit der Senolytika-Forschung geht man heute davon aus, dass diese Moleküle in einigen Jahren einsatzbereit sein könnten, um den Alterungsprozess zu verlangsamen. Es scheint, dass Utopien nicht immer unrealistisch oder weit weg sein müssen.

Ursprünglich veröffentlicht hier.

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